Der Alltag ist mir wie eine zweite, dritte oder meinetwegen auch vierte Haut. Ich bewege mich geschmeidig in ihm, und wenn es mal zwickt oder zwackt, werde ich ungehalten, weil mir gefühlt in meiner Selbstverständlichkeit etwas dazwischen kommt. Auf Reisen ist das sofort anders: Dazwischenkommen wird zum Programm. Weil ich immer mal wieder auf den Stadtplan gucken muss, weil ich – zumindest wenn ich irgendwo zum ersten Mal bin – nie weiß, was um der nächsten Ecke lauert (oder auch bloß zu sehen ist), weil alles ein wenig anders schmeckt, riecht und klingt. An solchen Tagen wird mir bewusst, wie oft meine Gedanken zu Hause im Leerlauf kreisen und sich im Grübeln festfahren.
Ich kann nicht immer unterwegs sein. Und es war für mich nicht nur prima. Zurück aus London hatte ich erst mal drei Tage lang Migräne, die ich zum Glück nicht als Bestrafung empfunden habe, sondern als faire Währung. Die Reise hat mich, bei allem, was ich sehen konnte, im Grunde wieder zu mir gebracht. Und ich glaube, das war auch genau das, was ich mir erhofft habe. In der Fremde war ich mir näher, als die letzten Monate zu Hause. Wobei ich ausdrücklich sagen möchte, dass ich eine angenehme Reise gemacht habe und keinerlei existentielle Ängste haben musste, nicht mal, als ich am ersten Abend (erst mal) nicht ins Hotel kam. Es war gerade genug, um zu erkennen, wie trügerisch Alltag sein kann. Er tut so, als wäre er das Leben. Dabei…
Myriade 27. März 2022
Interessanter Gedanke, dass der Alltag nicht das Leben ist..
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Stephanie Jaeckel 29. März 2022
Ja, mir scheint manchmal, Alltag sei eine selbstgemachte Täuschung. Aber das stimmt nur halb.
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Achim Spengler 27. März 2022
Sich in der Fremde näher zu sein, das war immer mein eigentlicher Antrieb zu verreisen. Emotionen verdichten sich, der Geist ist irgendwie wacher, die Lust Menschen kennenlernen zu wollen etc. Vielleicht löst die Fremde das Fremde in uns auf.
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