als Kunsthistorikerin beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage des Selbstverständnisses von Künstler*innen, was natürlich am Ende nichts anderes ist, als das Selbstverständnis per se, mit dem sich Menschen über die Jahrtausende hinweg betrachteten.
Indigene Künstler*innen (und damit vermutlich auch die anderen Menschen ihrer Kultur) haben bis heute ein viel größeres Ich, was nicht mit einem größeren Ego verwechselt werden darf, sondern allein der Tatsache geschuldet ist, dass sie sich als eine Art Recycling ihrer Vorfahr*innen verstehen.
Der Unterschied ist verblüffend: Im Westen sehen wir uns auf den Schultern derjenigen, die vor uns lebten. Anderswo auf der Welt verstehen sich Menschen als Patchwork derjenigen, die vorher da waren, als immer neue Mischungen, und damit als etwas Neues, aber immer auch in die Vergangenheit hineinreichendes. Ich dachte: Im Sinne der Nachhaltigkeit sind sie eindeutig die langlebigeren Modelle…
Verwandlerin 26. Oktober 2021
Merkwürdig. Da muss ich heute noch länger drüber nachdenken.
Ich hatte bisher als Geschichtslehrerin immer den Eindruck, dass gerade wir im Westen seit der Aufklärung mit der Tradition gebrochen hat und nur noch nach sogenanntem Fortschritt giert.
Bei sogenannten Naturvölkern werden die Ahnen dagegen häufig verehrt und als helfende Geister um Rat gefragt. Auch überkommene Rituale, Koch- oder Heilrezepte werden gerne praktiziert.
Wenn du dagegen im Sinne der Sapir-Whorf-Hypothese darauf aufmerksam machen willst, dass indigene Völker ein anderes Zeitempfinden haben als wir und z.B. teilweise keine Zeitformen für die Verben haben, weshalb sie mehr im Hier und Jetzt leben, gehe ich mit dir d’Accord.
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Ulli 26. Oktober 2021
Das leuchtet auch mir sofort ein!
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