Als im März klar wurde, dass für mich beruflich kein Stein auf dem anderen bleibt, habe ich mich entschieden, eines meiner Traum-Projekte an den Start zu bringen. Wenn schon nichts mehr geht, dann vielleicht das Unmögliche, dachte ich, oder vielleicht dachte ich auch gar nichts, aber ich schrieb ein Exposé und schickte es ab.
Noch ist nichts in völlig trockenen Tüchern, es muss noch Geld bewilligt werden und das bewilligte Geld auf die nötigen Arbeitsschritte verteilt werden, so dass jede/r genug verdient. Eine kniffelige Aufgabe. Aber es gibt schon eine Auftraggeberin, und so kann ich zumindest die ersten Schritte wagen:
Ein Buch in Leichter Sprache über Friedrich Hölderlin und – wichtiger – über einige seiner Gedichte. Für viele ist Leichte Sprache eher ein Witz. Denen rate ich, die gelegentlich auf zeit-online gestellten Beiträge aus Brand Eins in Leichter Sprache mal zu lesen. Ansonsten muss man es ja auch nicht wichtig finden. Für mich ist sie eine Offenbarung: Eine Sprache – die übrigens mehr noch als das Schreiben für Kinder – auf das Wesentliche zwingt.
Und also beschäftige ich mich mit Hölderlin, von dem übrigens das Zitat im heutigen Titel stammt. Was für ein passendes Vergnügen in Zeiten der Isolation: Ein Dichter, der 36 Jahre im Turm verbringt! Es wird ja zur Zeit viel darüber diskutiert, ob Rückzug und Alleinsein die Kreativität erhöht oder eher zur Verzweiflung zwingt. Das ist vermutlich wirklich Typ-Sache. Die Konzentration, das Öffnen von vorher gar nicht wahrgenommenen Räumen, das erlebe ich gerade und staune nicht schlecht.
Da dieses Jahr Hölderlin-Jubiläum ist, sind einige wirklich kluge und lesenswerte Bücher erschienen, darunter das von Christoph Quarch, in dem er Hölderlin aus seiner Dichtung heraus vorstellt und von dem ich den Titel geliehen habe:
Christoph Quarch, Zu sein, zu leben, das ist genug – Warum wir Hölderlin brauchen, Daun 2020.
piri ulbrich 12. Mai 2020
Oh, leichte Sprache! Das ist für viele verkopfte Menschen ganz schön schwer. Es muss nämlich nicht dumm rüberkommen, darf es gar nicht. Ich merke das bei meinem Kerle, der alles wissen will und bei jedem Fremdwort nachfragt, was es bedeutet …
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Stephanie Jaeckel 12. Mai 2020
Genau, und dann steht man da und soll erklären: haha. Gar nicht so einfach… Ich glaube übrigens nicht, dass das etwas mit „Verkopftheit“ zu tun hat, eher mit Präzision.
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frauhemingistunterwegs 12. Mai 2020
Was für ein tolles Projekt! Ich habe mal versucht, eine Geschichte in leichter Sprache zu schreiben und fand das sehr anspruchsvoll. Man wird so auf das Wesentliche zurückgeworfen und kann sich nicht verstecken.
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Stephanie Jaeckel 12. Mai 2020
Ja, man ist sehr auf Genauigkeit angewiesen. Allein den Begriff „Ewigkeit“ in Leichter Sprache zu erklären, da hatte ich echt was zu tun. Ist gerade deshalb jedoch auch so lohnenswert…
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Myriade 13. Mai 2020
So ein vielschichtiges Foto !
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