Lernen

Als Freie Autorin werde ich hin und wieder von Schulbuchverlagen angefragt, ob ein Text von mir in einem Lehrbuch erscheinen könne. Ich muss jedes Mal lachen, weil ich als Schülerin in Deutsch oft nicht so gute Noten hatte… (allerdings ist ein Text mindestens in einem Sozialkundeheft erschienen). Ich freue mich auch, denn ich habe keine eigenen Kinder und denke, dass ich auf diese Weise hier oder da Gedanken in Kinderköpfen bewegen kann.

Aber erst Mal gilt es sich an Erwachsenen-Köpfen zu stoßen: die von erwachsenen Didaktikern (nicht mit Diktatoren zu verwechseln…), die solche Lehrbücher gestalten (Achtung! Dirk ist hier ausdrücklich ausgenommen!!!). Denn Ach und Weh! Könnte es nicht sein, dass ein Schulkind einen Satz nicht versteht. Und dann frustriert ist, das Handtuch wirft oder schlimmer noch, die Hausaufgaben verweigert und was noch!?

Liebe Leute, möchte ich dann beruhigend – und wahrscheinlich ebenso didaktisch (wie diktatorisch) – antworten: Lernen bedeutet Nicht-Verstehen. Denn was könnte gelernt werden, wenn wir alles schon vorher wissen oder verstehen? Das Lernen beginnt da, wo sich ein großes Fragezeichen in unser Denken bohrt: Wie bitte? Was? Echt jetzt? Nicht-Verstehen ist insofern keine Störung, sondern unabdingbar, wenn ein Lernprozess in Gang gesetzt werden soll. Ja, klar, man kann auch auf bereits Gewusstem aufbauen. So, wie wenn man allmählich einen Horizont öffnet. Aber nach meiner eigenen Erfahrung fängt Lernen bei Widersprüchen an, bei eigenen Denkfehlern, beim Entdecken von Unbekanntem, Sperrigen.

Ich würde mir wünschen, dass Erwachsene, die über den Lernstoff für Kinder entscheiden, diesen Aspekt wieder stärker im Blick hätten. Und damit auch mehr Vertrauen in die Kinder setzen könnten, denn, da bin ich sicher, Kinder sind viel weniger schnell vom Nicht-Verstehen abgeschreckt, als Erwachsene sich vorstellen, vor allem, wenn Kinder merken, dass sie für Voll genommen werden, und wir ihnen zutrauen, auch schwierige Zusammenhänge zu begreifen. Auch wenn das jetzt etwas weit hergeholt erscheint, aber die „Fridays for Future“ beweisen doch genau das – oder?

Filed under: Allgemein

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Wer die Welt erkennen will, sollte genau hinsehen. Schon als Kind habe ich mir häufig die Augen gerieben und - wenn es sein musste - noch einmal hingeschaut. Mittlerweile arbeite ich als Journalistin und als Autorin. Auch hier ist das genaue Hinsehen, keineswegs das Schreiben, die, wenn man so will, Kerntätigkeit. Doch während ich meinen Blick bei der Arbeit fokussiere und das Gesehene zu allen möglichen Richtungen hin ausleuchte, möchte ich in meinem Blog kurze Blicke wagen. Wer zurückschaut, ist herzlich willkommen.

Comments 7

  1. hummelweb 10. April 2019

    „Nicht-Verstehen ist insofern keine Störung, sondern unabdingbar, wenn ein Lernprozess in Gang gesetzt werden soll.“ Genau, das ist ein superguter Satz! Den sich auch wir Erwachsenen ruhig mal wieder öfter vorlesen sollten. Nicht-Verszehen Fahrtbericht uns oft viel zu schnell zum Übergehen. Ich glaube auch, dass Kinder da viel offener sind.
    Viele Grüße
    Hummel

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