Alltag im Januar

Das neue Jahr, die Vorsätze, eine geputzte Wohnung, ein zartes Licht, das es so nur im Aufbruch gibt, den Kalender schon seit Urzeiten an den Beginn der heller werdenden Tage gelegt haben: Ein neues Jahr, ein neues Glück. Obwohl wir es wahrscheinlich alle besser wissen.

Ich habe im Januar Geburtstag. Deshalb doppelt sich für mich der Aufbruch. Auch wenn ich es hier einmal mehr besser weiß. Aber Zahlen spielen eine Rolle, wenn vielleicht nur eine symbolische. Ein Jahr älter zu werden ist ein Maß für gemachte Erfahrungen. Das ist das Jahr, in dem ich, du, er, wir… In diesem Sinn sind Jahre in etwa die Kilometerzahl des Lebens: hört mal, das alles habe ich schon erlebt.

Neujahr ist für mich also so ein Tag, wo – spätestens – die Frage im Raum steht: Geburtstag feiern oder nicht? Wer eine kleine Wohnung hat und im Januar geboren ist, muss strategisch denken. 10 Wollmäntel oder Anoraks sind bereits eine logistische Herausforderung. Auch wenn man längst ein Improvisationsprofi geworden ist. Also, wie dieses Mal und wo? Klar, ohne Feiern geht es natürlich auch, den 50sten habe ich mir auf Reisen gegönnt. Es gab auch schon Geburtstage, die ich allein in Berlin verbracht habe. Ist jedoch nicht so mein Ding. Wozu habe ich Freund/innen?

Und obwohl der Dezember zu meinen Hauptarbeitsmonaten gehört, der Januar hat es meist auch ganz schön in sich. Ich klebe weitgehend am Schreibtisch und werde blass und blasser, da halfen bislang noch keine guten Vorsätze. Doch, gelegentlich mache ich mich schon auf den Weg, auf die Pirsch sozusagen, denn ich bin eine notorische Schnäppchenjägerin. Und auch wenn es offiziell keinen Winterschlussverkauf mehr gibt, ab dem 1. Januar purzeln die Preise, und ich habe immer einen großen Rucksack dabei. Nein. Nicht alles. Haushaltswaren und natürlich das diesjährige Geburtstagsoutfit. Ich shoppe gerne. Und die gute Laune hält gerade im Januar länger an, als Konsumforscher/innen sich das vorstellen können.

Der Januar ist der Monat der Pläne: ein leerer Kalender hängt an der Küchentür, ich überlege, was ich schon immer mal machen wollte, was getan werden muss, wo die festen Termine liegen, Feiertage meist, Todestage oder Geburtstage von Freund/innen. Komischerweise assoziiere ich den Januar weniger als Wintermonat. Das liegt vielleicht daran, dass der Winter hier in Berlin meist erst im Februar richtig loslegt. Im Januar regnet es, grau ist die durchgängigste Wetterfarbe, dennoch würde ich „Licht am Horizont“ als Schlagwort für meine Tage im Januar wählen. Ansonsten? Viel Kaffee, dicke Socken, ebenso dicke Pullover, Handschuhe. Viel heißes Essen aus dem Backofen. Bratäpfel, Bratäpfel, Bratäpfel. Eine dicke Kiste Sekt von meinen Winzerverwandten an der Nahe. Wenn schon auf das neue Lebensjahr anstoßen, dann doch bitte mit dem eigenen Namen auf dem Etikett (haha). Geschenke bekommen!!! In Ausstellungen gehen (im Januar fällt mir meist wieder auf, wie viel Berliner Museen zu bieten haben). Fahrrad generalüberholen lassen. Doch, es ist eine generelle Freude, in die nächste Runde zu kommen. Was im Grunde an jedem einzelnen Tag des Jahres der Fall ist.

Hier noch der Link zu Ulli, von der die Idee stammt, am ersten Wochenende des Monats über das so merkwürdige und gleichzeitig menschentypische Phänomen des Alltags nachzudenken: https://cafeweltenall.wordpress.com/2019/01/05/alltag-3/

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Wer die Welt erkennen will, sollte genau hinsehen. Schon als Kind habe ich mir häufig die Augen gerieben und - wenn es sein musste - noch einmal hingeschaut. Mittlerweile arbeite ich als Journalistin und als Autorin. Auch hier ist das genaue Hinsehen, keineswegs das Schreiben, die, wenn man so will, Kerntätigkeit. Doch während ich meinen Blick bei der Arbeit fokussiere und das Gesehene zu allen möglichen Richtungen hin ausleuchte, möchte ich in meinem Blog kurze Blicke wagen. Wer zurückschaut, ist herzlich willkommen.

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