Gustav Klimt gehört für mich zu den schwierigen Künstlern. Nicht, weil seine Werke rätselhaft sind oder unzugänglich. Ganz im Gegenteil. Die Bilder strahlen Schönheit, Vollkommenheit, Zartheit aus, sie beweisen Können, den Sinn für Nuancen, für alles, was unsere Augen erfreut, und sie sind voller Liebe für Menschen (meist in Gestalt schöner Frauen) und die Natur. Sie sind betörend. Und damit auch schnell zu viel. Zumal sie uns überall begegnen, auf Vorhängen, Postkarten, Puzzles, Dosen, Deckel, T-Shirts, Socken, Seidentüchern und nicht zuletzt auf gedruckten und gemalten Reproduktionen jeder Größe. Klimt und van Gogh nehmen sich da nicht viel, und für beide würde ich nicht durch die Wüste gehen. Doch wenn ich – meist tatsächlich eher zufällig – vor den Originalen stehe, gehe ich vor Bewunderung in die Knie.
So auch heute, wo ich aus anderen Gründen das Kunstmuseum Moritzburg in Halle besucht habe, wo aktuell und noch bis zum 6. Januar 2019 die Schau „Gustav Klimt“ zu sehen ist. In Deutschland eine Sensation, denn hier gibt es kaum Bilder des Malers. Wer sein Werk studieren will, muss zwar nicht durch die Wüste, aber zumindest nach Wien oder nach New York. Um so erstaunlicher, was in dieser kleinen, aber feinen Schau zu sehen ist: auffällig viele Werke aus Privatbesitz, was spektakulärer ist als es zunächst scheint, aber hier haben wir Arbeiten vor uns, die wir so schnell nicht mehr zu sehen bekommen. Gehängt ist, wenn ich das auf die Schnelle richtig bemerkt habe, chronologisch, so dass man die neuen Wege, die Klimt sucht, vom Anfang an verfolgen kann. Schön ist auch, dass Skizzen und Gemälde nebeneinander hängen. Hier sehen wir Ideen, dort eine unglaubliche Leichtigkeit suggerierende Präzision. Das bringt wirklich viel und ist auch nicht zu kritisieren, dennoch hätte ich mir die prächtigen Bilder gerne im Tageslicht besehen. Weil aber alles nicht immer geht, ist es so auch gut, zumal die Bilder auf dem kleinen Raum miteinander korrespondieren, was neue Vergleiche und Seherlebnisse erlaubt.
Wie fast immer: hinreißend, was Kinder daraus gemacht haben. Ein Mädchen namens Fatima hat Frau Henneberg aus dem Nebel geholt. Wir sehen, dass sie Flügel hat und dass ein rotes Monster hinter ihrer linken Schulter sitzt. Na klar doch: Jetzt wissen wir auch, warum sie so ernst, fast schon mürrisch schaut!
wechselweib 27. November 2018
Bei Klimt muss ich an Florian Illies‘ genialen Roman „1913“ denken, in dem Künstler, Schriftsteller und Politiker zu einem atmosphärisch dichten, schillernden Teppich verwoben werden. Wenn ich mich recht erinnere, erscheint Klimt hier immer mit Absinth in der Hand und mit Frau im Bett oder vor der Staffelei.
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Stephanie Jaeckel 27. November 2018
Absinth in der Hand wundert mich nicht (die Frauen im Bett allerdings auch nicht): Klimt wurde gerade mal 55 Jahre alt…
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quersatzein 27. November 2018
Lieben Dank für diese wunderbare Schilderung. (Schade, dass es so weit ist für mich nach Halle.)
Und das Kinderbild „nach Klimt“ ist einfach zauberhaft.
Lieben Gruss ins Grau dieser Tage,
Brigitte
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Stephanie Jaeckel 27. November 2018
Frau Henneberg bleibt immerhin in Halle. Sie gehört dort ins Museum, und ist damit eines von nur drei Klimt-Bildern überhaupt in Deutschland (wenn ich das jetzt richtig erinnere). Da ist vielleicht auf lange Sicht mal eine Reise möglich…
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mannigfaltiges 27. November 2018
Heuer im Sommer in Wien. Klimt an allen Ecken und Enden. Um den Kuss – es gab sogar ein Extra – Zimmer für Selfies – einen großen Bogen gemacht. Klimt ist eh nicht so meiner. Aber für diese Ausstellung hätte ich schon wieder Interesse.
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Myriade 27. November 2018
Wie wahr, man braucht die Originale von Klimt um den ganzen Kitsch rundherum auszuhalten. Und die meisten Plakate gehören auch eindeutig zum Kitsch …. Von einer aus Klimt-Land
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de Chareli 28. November 2018
Betörend – das trifft’s. Und Klimt hätte es gutgehießen. 😍
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