davon sprachen Erwachsene gerne, als ich Kind war. Doch während sie das gut und wünschenswert fanden, sah ich immer so ein armes Leben wie ein schlaffes Handtuch im Würgegriff eines (meist gesichtslosen) Menschen – klar, dass mir das Leben Leid tat. Heute verstehe ich zumindest den Wunsch nach dem festen Griff. Aber da bleibt mir doch eher das Bild, die Zügel in der Hand halten, wo die Zügel vielleicht auch so eine Art Griff sind, das Pferd jedoch – wie das Leben – eine eigene Richtung einschlägt.
Aber schnell gerät man da wieder ins Sinnieren. Wie denn bekomme ich mein Lebens-pferdchen dahin, wo es soll – oder soll es am Ende überhaupt? Wirklich zum Erfolg? Wirklich zu – ja was auch immer… -?
Mich selbst gut einschätzen können. Das wäre was für Pferd und Reiter. Denn nicht mal das beste Pferd hilft, wenn ich müde bin, unkonzentriert oder schlecht gelaunt. Wäre vielleicht ganz banal: Zu wissen, wann ich ins Bett muss.
Mich selbst einschätzen können bedeutet auch, Lob und Tadel als das zu verstehen, was sie sind: ernst gemeintes Feedback oder eben nicht. Wo ist die Wünschelrute, das jeweils auseinander zu halten? Ich glaube, direkt in meinem (jaja) Herzen, denn da weiß ich meist ziemlich genau, ob eine Sache was taugt oder nicht. Gerade Kritik anzunehmen, ist ja mühsam. Hatte ich neulich wieder + mindestens 2 Wochen dran geknabbert. Aber jetzt hat es sich gesetzt. Ich werde was Neues ausprobieren.
Nein sagen können, selber fair kritisieren und delegieren können. Das erwarte ich von Erwachsenen (ja, doch, die gibt es. Weiß ich, seit ich selbst eine bin).
Dinge tun, für die ich stehe. Nein, das muss nicht jede Spülrunde sein, aber die Tätigkeiten, mit denen ich einen großen Teil meines Lebens verbringe, sollten schon mit mir, meinem Gewissen, meinen Fähigkeiten, meinen Wünschen oder etwas anderem in mir abgeglichen sein.
Müsste man auch „genug“ lieben, um sein Leben im Griff zu haben? Schwierige Frage. Aber wahrscheinlich gilt schon, dass Geben einen wichtigen Teil zumindest für ein „gutes“ Leben ausmacht.
Wenn ich mein Leben lenken will, brauche ich Ziele. Möglichst solche, die ich selbst definiere. Stimmt das? Oder reicht es, wenn ich genug herumreite und schaue, was kommt? Ach ja, das sind Fragen – und nirgends ein Pferd zu sehen. Den Griff gab es auf dem Tempelhofer Feld in den Wilden Gärten. Und nichts gegen Griffe. Sie erleichtern das Leben ungemein.
Mion 5. Mai 2016
Ein Ziel bestimmt den Weg, aber der Fluss des Lebens läuft nur in eine Richtung, also kann man (be)ruhig(t) loslassen und sich treiben lassen, denn man kommt überall vorbei.
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Stephanie Jaeckel 5. Mai 2016
Ja, diese eine Richtung macht mir manchmal Kopfzerbrechen – was, wenn ein Ziel entgegengesetzt liegt oder liegen könnte? Andererseits: zu viel Strampelei für ein Ziel sieht auch nie gut aus. Als wenn sich eine/r was in den Kopf gesetzt hat und unbedingt da hin muss. Kurz, an der Stelle bin ich mir noch nicht ganz sicher.
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Maren Wulf 5. Mai 2016
Ich mag dein Bild von den Zügeln, Stephanie, die mal fester und mal ganz lose gehalten werden können. Richtig verstanden geht es beim Ritt durch das Leben ja weniger darum, immer alles im Griff zu haben, endlos viel Druck auszuüben (ich bin kein großer Freund der Kandare), zu zerren und zu ziehen als darum, Verbindung aufzunehmen, in Verbindung zu stehen.
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Stephanie Jaeckel 5. Mai 2016
Da scheint es tatsächlich etwas zu geben wie eine Verbindung, die es zum Leben aufzubauen gilt, so etwas wie Antennen, 7. Sinn oder direkter Kontakt. Um die dann umzusetzen in Bewegung. Hoppla Hopp.
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papiertänzerin 5. Mai 2016
…morgen gehen meine Kinder wieder reiten und lernen dabei, dem Lebenspferdchen zuzuhören, zu vertrauen und angemessen zu antworten 😉
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Stephanie Jaeckel 5. Mai 2016
Dachte gerade, dass es ja viele hundert Jahre ganz normal war, reiten zu lernen. Wohl so normal wie man heute den Führerschein macht. Schade eigentlich, dass das vorbei ist. Weil ein Pferd ein besseres Lebensäquivalent ist als ein Auto. Wo alle immer nur an Fortbewegung denken…
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