Da steht er, golden, stattlich, prächtig anzuschauen, aber ziemlich allein. Klar doch, wir haben verstanden, er hat den höheren Status, nein, nicht mal in hundert Jahren hätte ich so ein Geweih – ach so, ja, ich sowieso nicht (es gibt eben keine Hirschinnen, gell Sieglinde?). Ich habe flache Schuhe und umrunde den Stolzen durch Matsch und Pfützen und überlege: Wollen wir wirklich tauschen?
Nein, soviel ist klar, denn ich bin zum Essen verabredet. Andererseits, bin ich nicht auch gelegentlich stolz und mir hochgerecktem Kopf und breitem Gang unterwegs? Stolz ist eine elementare Emotion, als solche angeboren. Andererseits führt Stolz als Superbia die sieben Todsünden an. Als Entgleisung, grandiose Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten. Wer ein gutes Leben führen will, braucht unbedingt Selbstachtung und Selbstbewusstsein. Wo ist also die Schwelle? Wenn ich zufrieden bin mit mir und dem, was ich tue, könnte es ein schöner, strahlender, sympathischer Stolz sein. Wenn ich mich höher einschätze als andere, konkurriere, immer alles besser wissen muss, erstarre ich vielleicht schon unter einer zu dicken Schicht Goldlack. Stolz kann einem ganz schön die Perspektive verhageln – oder wie schrieb Fontane:
„Es gibt viele Hähne, die meinen, dass ihretwegen die Sonne aufgeht.“
Matl 2. April 2016
Stolz (an sich, und vor allem) auf sich ist schon tragisch. Und was ist dann erst, wenn man Stolz auf jemand anderen ist?
Schlimm! 🙂
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Stephanie Jaeckel 3. April 2016
Ein Beichtvater mag sich freuen, dass der Stolz vom Ego absieht, ein Psychologe erschrecken, weil er sieht, wie sich das Ego unbotmäßig über andere stülpt und der Goldhirsch lacht: Jemand anderes? Wo soll denn da noch Platz auf dem Sockel sein???
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