Der Unmut ist nicht mehr zu überhören. Und die Folgen eher katastrophal: Wo Nachrichten nur noch auf Katastrophen, Krisen und Untergangsszenarien fokussieren, stumpft das Publikum irgendwann ab. Nachrichten nicht mehr zu hören, gehört fast schon zum Konsens. Und ja, wie soll man in der Mittagspause neben zwei akuten Kriegen auch noch den dritten im Sudan verdauen, der sich zusammenbraut, die Flüchtlingsströme noch überblicken oder die Umweltversäumnisse der letzten Jahre rekapitulieren, sich eine Meinung bilden oder bitte irgendetwas dagegen tun.
„Ich kann nicht mehr“ führt schnell zu „ich kann doch nichts dafür“ oder „da kann ich eh nichts ändern“, was an sich stimmt, aber dann eben doch nicht. Ich habe in den letzten Monaten komplett abgeschaltet. Ich war durch mit allem. Aber dann passiert im Grunde nur das: Ich will nichts mehr hören oder sehen, und wenn dann doch was zu mir durchsickert, bin ich genervt. Hm – ?
Vielleicht hilft es, wieder Hoffnung zu haben. Trotz allem. Also nicht der Resignation anheimfallen, dass alles nur noch schlimmer wird. Ja: Wir gehen im Nachrichtenstrom mittlerweile fast unter. Dennoch helfen diese Nachrichten gerade aus den social media Quellen, Unrecht live zu dokumentieren. Und festzuhalten. Früher war es einfacher, wegzuschauen. Wir haben es eben nicht mitbekommen. Heute strömt alles ungefiltert auf uns ein. Mit der Machbarkeit setzt eben auch eine neue Verantwortung ein. Das merken wir jetzt.
Ich habe keine Lösung. Ich versuche mich gezielter zu informieren. Um dem Strom der Empörung und der Skandalisierung, der größer und größer wird, zu entkommen. Ich will versuchen, nicht auf den Zug, dass alles schlimmer wird, aufzuspringen. Und dann die Dinge tun, die möglich sind. Wenig genug. Wach bleiben ist dennoch eine Tugend. Vor allem, wenn es wirklich dunkel wird.
Grinsekatz 15. April 2024
Es geht mir/dir nicht allein so … bis 1990 gehörte permanente Bedrohung zum Alltag. Allerdings war ich zum einen wesentlich jünger und die Angst habe ich mir weggesoffen. Kam eh nicht drauf an, wenn jeder Tag der letzte sein konnte.
Heute ist das anders, allein der Vorstellungskraft willen.
Ja, wach bleiben, auch im Dunklen.
Grüße & einen guten Tag Dir, Reiner
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Stephanie Jaeckel 16. April 2024
Vielleicht kommt es irgendwann mal auf die Leute an, die, wenn nicht selbst „Macher*innen“, so doch Unterstützer*innen sein können. Jegliche Heldinnenfantasien habe ich längst abgelegt. Aber unterstützen, wenn was gut ist, das geht immer.
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LP 15. April 2024
Manchmal nehme ich mir die Freiheit und das Recht, einfach zu sagen: „Leckt mich doch alle…“ und geh in den Wald, da wo ich allein und für mich bin. Oder zwischen die Felder, auf eine Bank oder an einen See.
Nichts ist plötzlich weiter weg als das, was Du in Deinem Beitrag beschrieben hast.
Und dann denke ich: „Macht doch, was Ihr wollt, aber macht Euren Scheiß alleine.“
Und wenn uns dann alles um die Ohren fliegen sollte, hatte ich es wenigstens noch im Wald schön. Oder zwischen den Feldern, auf einer Bank oder an einem See…
Und dann geht es wieder.
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Stephanie Jaeckel 16. April 2024
„Macht Euren Scheiß alleine“ – ja, manche Tage sind so. Und dann tut es so gut, sich in den Wald zu setzten, und eben nicht das Gehechel und Aufgerege mitzumachen. Ich habe oft das Gefühl, erst da wieder so richtig wach zu werden. Dieses Alptraumgefühl aus dem täglichen Nachrichtenstrom abzuschütteln, ich denke, das wird mir immer wichtiger.
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derdilettant 15. April 2024
Mir hilft, mich auf wenige Quellen zu fokussieren und den ganzen Rest konsequent auszublenden. In der Welt ist ja ein ohrenbetäubender Lärm, der permanent ruft: „nimm mich! nimm mich! Das interessiert mich einfach nicht.
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Stephanie Jaeckel 16. April 2024
Da suche ich jetzt auch wieder Koordinaten. Wo kann ich was lesen? Und wie bleibe ich vielseitig. Nützt ja auch nix, sich immer nur Bestätigung reinzuziehen.
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