Es war anders als die letzten Male. Nicht mal schlecht. Das Sommerwetter spielte mit: schauen, essen abhängen. Selbst die Häßlichkeit Kassels hatte ihre Momente. Vielleicht spielte es auch eine Rolle, dass ich nicht alleine dorthin gereist war. Ich hatte zumindest nicht diese plötzlichen Momente der Verwirrung mit der immer gleichen Frage: „Was mache ich eigentlich hier?“ Ich fühlte mich einfach wie auf Reisen. Sightseeing.
Dass es die documenta 15 war, fifteen, (wir sind schließlich globalisiert), machte sich vorrangig dadurch bemerkbar, dass wir an manchen Orten unsere Eintritts-Codes hochhalten mussten. Ob ich Kunst gesehen habe? Wohl eher nicht. Kreativität sicher. Den Rest habe ich noch nicht für mich durchbuchstabiert, obwohl die Rückreise in der Bahn eine Extra-Stunde Verspätung für mich bereitgehalten hat. Habe ich etwas verstanden? Zumindest dies: Es ist komplexer als ein generelle Antisemitismus-Verdacht. Es ist eine große Veränderung, deren Umfang ich nur ahne, wie wenn man kleine Zipfel einer riesigen Decke zu fassen bekommt, deren Ausmaß über den eigenen Blickhorizont hinausgeht. Der Boden hat gewackelt in Kassel. Und das war echt: kein bloßer Touri-Erlebnis-Effekt. Insofern war es vielleicht doch etwas mehr als Sightseeing.