Man selbst sieht sich nicht. Denn der Spiegel ist nicht viel mehr als eine Art Selbstinszenierung, trotz aller scheinbaren Unbestechlichkeit. Vor dem Spiegel verhalten wir uns meist wie vor einem Publikum. Also Vorsicht!
Ich habe von Kind an einen gewissen Mut zur Hässlichkeit. Ich war nie ein artiges Mädchen (obwohl von einer an Dusseligkeit grenzenden Treuherzigkeit), hübsch hat mich wenig interessiert, als Frau blieb viel Sperriges. Ich mag nicht gerne gefallen.
Die Kehrseite: Ich werde als ruppig wahrgenommen. Unfreundlich. Schroff. Wenn ich im Stress bin, schaue ich finster. Wenn ich genervt bin – zum Glück sehe ich mich so nie im Spiegel (und wenn, muss ich eigentlich sofort lachen), gleiche ich wahrscheinlich schon einem veritablen Monster. Es gab Männer, die mir den bösen Blick nachsagten (mimimi…). Das hat mich irritiert, ich fühlte mich falsch gesehen, denn die dusselige Treuherzigkeit ist mir bis heute geblieben.
Dennoch verstehe ich langsam. Es ist ein Missverständnis. Aber nur ich kann daran etwas ändern. Auch wenn ich manchmal noch denke, die anderen – vor allem meine Freund/innen – müssten es doch besser wissen. Und wahrscheinlich ist es sogar einfach. Es geht nicht darum, meine finsteren Blicke zu „meistern“, sondern eher darum, mich zu entspannen. Von „Schuld“ also keine Rede, eher von loslassen. Wenn das mal keine gute Erkenntnis im frischen neuen Jahr ist…