Ich war neulich kurz davor, mich dem #metoo anzuschließen. Doch etwas hielt mich ab. Vielleicht, weil es zu einfach ist. Als die Frauen in den 1970er Jahren eine ähnliche Kampagne starteten („Auch ich habe abgetrieben“), war der Einsatz höher. Denn sagt dieses „Ich auch“ am Ende nicht nur in etwa: Auch ich bin in meinem Leben einmal/ mehrmals einem Arschloch begegnet?
Eine schwierige Situation. Und mir scheint, jede weitere Äußerung macht den möglichen Verdruss noch größer. Dennoch: Die Debatte ist da, und wir sollten sie nicht schnell wieder unter den Tisch kehren. Denn das ist ja das Perfide an der ganzen Geschichte: Schweigen nützt der falschen Seite.
Sieglinde Geisel hat gestern im DeutschlandFunk Kultur auf die Gefahr der aktuell nicht abreißenden „Empörungsdebatten“ hingewiesen. Jede Frau der Welt hat Grund genug, sich gegen sexuelle Übergriffe zu wehren, d.h. sie laut und deutlich als solche zu benennen. Ich bin sicher, es wird sich etwas ändern, wenn wir in solchen Situationen nicht mehr lächeln, sondern Klartext reden. (Im Übrigen: Es hat sich schon eine Menge geändert. Ich bin in den 1970er Jahren zur Schule gegangen und hatte noch mit Vorurteilen und Benachteiligungen zu kämpfen, die uns heute steinzeitlich vorkommen.) Aber wir werden nichts mit kurzfristigen Aufregern reißen. Wir sehen damit höchstens das Ausmaß des Problems.
Die körperliche Verschiedenheit von Frauen und Männern hat dazu geführt, dass über Jahrhunderte hinweg Frauen zurückstecken mussten. Eine Ungleichheit, die zum Himmel schreit und einer friedlichen Zukunft sperrig entgegensteht. Frauen und Männer müssen ihren Umgang miteinander immer wieder neu definieren. Das liegt nicht nur bei den Männern und längst nicht nur bei den Frauen. Denn eins ist klar: Wir müssen ran, und zwar gemeinsam. Was gegenseitiges Vertrauen und damit ein Überwinden von Vorurteilen und – schwerer noch – eine Neubewertung eigener Erfahrungen notwendig macht. Dabei kann uns eine längst gemachte Einsicht helfen: Es geht vor allem nicht um Sex. Es geht um Macht.
Elisabeth Lindau 28. Oktober 2017
„Gemeinsam ‚ran“ ist mutig und klug.
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Stephanie Jaeckel 29. Oktober 2017
Das Naheliegendste ist manchmal das Schwierigste.
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FrauKunst 23. November 2017
Ein Dialog auf Augenhöhe wird helfen. Einige Leser haben mir geschrieben, dass sich nichts ändern wird. Ich verweise dann auch die Entwicklungen in den vergangenen 50 Jahren. Es wird nicht die letzte Debatte über dieses Thema sein und ist nicht die erste. Danke dir für deinen Text! (Wenn du meine Gedanken dazu lesen möchtest, dann findest du sie hier: https://www.facebook.com/fraukunst/?ref=aymt_homepage_panel oder auf meinem Blog: http://www.frauk.blog. )
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Stephanie Jaeckel 23. November 2017
Es ändert sich war. Zumindest schon mal in den Köpfen. Und da fängt ja bekanntlich jede Änderung, Revolution vielleicht, an. Ich weiß noch genau, was ich als Mädchen habe schlucken müssen. Ich komme aus so genannten „einfachen“ Verhältnissen. Dass ich aufs Gymnasium kam, habe ich mit Zähnen und Klauen durchsetzen müssen. Und da gäbe es endlose Geschichten der Zurücksetzung (ach, alleine als ich den Führerschein gemacht habe!). Deshalb bin ich mir sicher, dass sich mehr ändern wird. Aber, es ist noch ein langer Weg. War nicht vor zwei Tagen erst wieder eine Meldung darüber, wie schlecht Frauen in Deutschland im Vergleich zu den Männern verdienen. Das ist wieder so eine Nachricht, die passt ja kaum in einen Kopf hinein.
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