In letzter Zeit lese ich besonders häufig in Artikeln zur Selbstoptimierung, man solle doch mal wieder – wahlweise: endlich mal – „Nein“ sagen. An sich eine gute Idee. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass einer und einem erst das „Nein“ Respekt – oder sagen wir, überhaupt erst Aufmerksamkeit – verschafft. Ungemütlich, aber extrem effizient. Also meinetwegen auch zur Selbstoptimierung. Aber es gibt es noch, das alte, das ungemütliche „Nein“, das sich nicht als Profilierungswerkzeug sieht, sondern sperrig im Raum steht. Hier zum Beispiel:
„Nein, die alten Herausforderungen lassen uns nicht los.“
Erster Satz in meinem gerade neu erhaltenen Parteibuch der SPD. Von Willy Brandt. NEIN. Genau die Motivation, weshalb ich mich als bislang unpolitisches Wesen für eine Mitgliedschaft entschieden habe. NEIN. Wir können die AfD nicht zulassen. NEIN. Wir können der sich entwickelnden Klimakatastrophe nicht einfach zusehen. NEIN. Frieden passiert nicht von selbst. Und so weiter und so fort. Meinetwegen auch in anderen Parteien. Ich bin kein Vereinsmensch. Lieber bleibe ich für mich. Deshalb fühle ich mich jetzt nicht unbedingt größer. Oder per se auf der richtigen Seite. Aber ich merke, Diskussion findet vor allem da statt, wo sich Leute engagieren. Das gefällt mir. Und wie plakatiert das HAU (Hebbel am Ufer) gerade so passend: „Keep it Real“. Für mich die Aufforderung, mich allen Fakes dieser Zeit entgegenzustellen und laut „Nein“ zu sagen.