Die Diskussion fing schon vor ein paar Tagen an. Ob man denn jetzt tanzen dürfe – oder nicht. Wer Karfreitag tanzen will, warum, wer nicht, warum nicht, und was noch alles.
Als Todestag Christi wird der Freitag vor Ostern als Feiertag begangen, als stiller Feiertag, wie zum Beispiel auch der Totensonntag im November. Gesetzlich geregelt sind einige Verbote, das betrifft Discotheken, Clubs oder Kinos, weil auch bestimmte Filme nicht gezeigt werden dürfen. Warum gibt es diese Verbote? Wer bestimmt sie in einer Demokratie? Warum soll etwas für alle gelten, wenn längst nicht alle glauben? Und warum wird ausgerechnet Tanzen verteufelt, dieser Ausdruck größter Lebensfreude?
Aber vielleicht sitzen wir einem Missverständnis auf. Vielleicht bietet ein stiller Feiertag nicht Verzicht, sondern Freiheit, einmal aus dem Alltags- – und/oder Freizeittrott – auszusteigen?
Nein, es geht mir nicht darum, Medizin mit Honig zu versüßen. Aber mir ist der Tag heute wie eine sagenhafte Erholung vorgekommen: Mir die Zeit „pur“ vergehen zu lassen, ohne mich abzulenken. Gedanken zuzulassen, die sonst nicht an die Oberfläche kommen. Mehr zu sehen, und nach einer Weile auch mehr zu hören. Und plötzlich Erinnerungen zu haben, oder Bilder im Kopf von glücklichen Momenten. Sogar der Liebste schoss durch mein Herz wie ein bitzelnder Kometenstrahl.
athenmosaik 19. April 2019
Ein schönes Fundstück, dieses Bild. Und deine Worte klingen noch nach.
Liebe Grüße aus Athen, wo noch alles tanzt, da der Karfreitag und Ostern erst eine Woche später stattfinden.
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Stephanie Jaeckel 20. April 2019
Oh, eine Woche später!? Was ist das denn, das wusste ich gar nicht? Zählt man dort anders? Da bin ich wirklich platt! Auf jeden Fall auch Grüße nach Athen und vor allem ans Meer…!
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athenmosaik 20. April 2019
Ja, in der orthodoxen Kirche wird Ostern nach dem alten Kalender gefeiert. Manchmal fällt es mit unserem Ostern zusammen, dieses Jahr wird es eine Woche später gefeiert.
Ich werde euch dann berichten…
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menuchaprojekt 19. April 2019
Danke. Ich denke auch, wir müssen nicht alles haben. Ein Verzicht ist auch ein Gewinn.
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Stephanie Jaeckel 20. April 2019
Das Missverständnis beginnt für mich bei der Idee vom „Verbot“. Seit der Moderne, und vielleicht auch besonders in Deutschland, gibt es – verständlich genug – Vorbehalte, wenn strenge Regeln aufgestellt werden. Doch die Idee ist – nach meiner Erfahrung – eigentlich die einer Befreiung. Oder eines „Seinlassens“ im Sinne von „ich mache es jetzt mal nicht so wie immer“. Devot sein ist für uns heute eine Art Schimpfwort. Hingabe jedoch ist nicht nur Hingabe an ein Gegenüber, sondern auch eine Übung in Selbstvergessenheit, und in dieser Hinsicht immer wieder die der Freiheit.
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Xeniana 19. April 2019
Ja. Sehe ich ähnlich wie menuchaprojekt.
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Ruhrköpfe 20. April 2019
was spricht dagegen, einen Tag Pause von allem zu haben? Macht die ungewohnte Ruhe so viel Angst?
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Stephanie Jaeckel 20. April 2019
Ja klar, nix los. Das kann schon Angst machen. Denn plötzlich – ja, was denn!? Stets die eigene Musik verfügbar haben, gehört zu dem großen Luxus der Gegenwart, der jeder und jedem seine Wohlfühlzone ermöglicht, sogar unterwegs. Mir ist das weitestgehend unheimlich, ich verzichte fast immer auf Möglichkeiten, mit akustisch abzuschirmen, auch wenn ich gelegentlich begeistert bin, wie gut das kommt (zum Beispiel beim Bahnfahren). Hier geht es aber nicht um Moral. Oder darum, was besser ist. Die Stille ist eine große Herausforderung – wer hat nicht schon allein im Dunkeln ein Lied gesummt – dennoch ist meine Erfahrung, sich der Stille auszusetzen kann beglückend sein. Aber das passiert keineswegs auf Knopfdruck und keineswegs immer.
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hummelweb 20. April 2019
Für mich ist die Stille immer noch und immer wieder ein Mysterium. Manchmal ist sie so unglaublich laut, dann lärmt alles in mir und wühlt sich nach oben und schreit nach Beachtung. Als säße ich in einem riesigen Resonanzkörper und meine Gedanken werden immer wieder von allen Wänden auf mich zurückgeworfen und verstärkt.
Und dann wieder bemerke ich die Stille erst, wenn sie vorbei ist, z.B. nach einer Craniobehandlung. Dann ist es wie ein Auftauchen aus einem unbeschreiblichen Ort, der mich erholt und reich und gefüllt wieder ins Leben stellt.
Schöne Text!
Liebe Grüße
Hummel
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Stephanie Jaeckel 23. April 2019
Diese „laute Stille“ kenne ich nachts, wenn plötzlich ein irrsinniger Aufruhr in meinem Kopf ist. Oder am ersten Tag in einem Urlaub in der Natur, wo, wie Du das beschreibst, überhaupt erst klar wird, wie übervoll ich eigentlich bin (gerne in Zeiten, in denen ich mich sehr erschöpft fühle). Aus der Stille auftauchen, ja. Auch das ist ein irres Gefühl. Danke, dass Du diese Erfahrungen noch hinzugefügt hast!
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