Sich zu helfen wissen

Meine Mutter war darin eine Meisterin: Irgendetwas fehlte, es musste schnell gehen, niemand war bei der Hand, Tipps zu geben oder sonst eine Hilfe. Zack, wurde improvisiert und was daraus entstand hielt – zumindest einen Nachmittag oder einen Abend lang.

Genial, auf der einen Seite. Und eine wesentliche Strategie, wenn man im Krieg geboren war, wo selten alles da war, was man gerade brauchte. Mein Vater hat auch diese Fähigkeiten, ist jedoch schwerfälliger – was gleichzeitig aber auch bedeutete: genauer, überlegter.

Als Kind der beiden habe ich eindeutig die Improvisation vererbt bekommen. Das zeigt sich auch in der Arbeit. Ich bin schnell und wo eine Lücke ist, wird improvisiert. Das hält. Aber…

Alle Fähigkeiten haben auch eine Rückseite. Das zu sehen, kann mühsam sein. Denn wo schnelle Lösungen sind, fehlen gelegentlich langfristige Strategien. Puh, wie soll ich denn so eine komplexe Arbeit aufbauen. Ja, ich habe genug Zeit. Ja, ich kann mir alles mögliche an Tipps und Hilfen besorgen, ja, ich kann ausprobieren, das Beste wählen. Aber, uff. Ich fühle mich mit einem Schlag überfordert.

Gut zu wissen, dass es nicht nur entweder/oder gibt. Es hindert mich niemand daran, noch etwas neu zu lernen. Oder zumindest auszuprobieren. Meine Tagesarbeit zählt genauso viel, wenn abends nicht „fertig“ hinter der Aufgabe steht. Ich darf einen eingeschlagenen Lösungsweg auch noch einmal verlassen, nochmal von vorne anfangen, Zweifel zulassen. Denn nicht nur die erledigten Aufgaben sind die guten, sondern auch die, an denen ich mir den einen oder anderen Zahn ausbeiße…

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Wer die Welt erkennen will, sollte genau hinsehen. Schon als Kind habe ich mir häufig die Augen gerieben und - wenn es sein musste - noch einmal hingeschaut. Mittlerweile arbeite ich als Journalistin und als Autorin. Auch hier ist das genaue Hinsehen, keineswegs das Schreiben, die, wenn man so will, Kerntätigkeit. Doch während ich meinen Blick bei der Arbeit fokussiere und das Gesehene zu allen möglichen Richtungen hin ausleuchte, möchte ich in meinem Blog kurze Blicke wagen. Wer zurückschaut, ist herzlich willkommen.

Comments 4

  1. wildgans 8. Februar 2019

    Sicher, wir haben auch Gutes von den Trümmerfraumännern gelernt!
    Mein Großvater hat die Gefangenschaft in Sibirien nur überlebt, weil er für einen russischen Bewachermenschen Koffer aus Holz bauen konnte…
    Das Motto, wie du ja weißt: Mach was draus, auch wenn nix da ist.

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