Bin ich intellektuell?

Folge ich dem Duden, ist die Frage leicht mit „ja“ zu beantworten. Auch nach Wikipedia könnte ich mir in dieser Hinsicht sicher sein: ich habe studiert, bin Journalistin, beziehe Position. Dennoch habe ich mich in dieser Haut nie wohlgefühlt. Früher wohl eher, weil ich politisch unsicher war und mich doch lieber raushalten wollte. Heute suche ich mehr denn je Durchschlüpfe im normativen Denken meiner Umgebung, doch eine Zuordnung zu den intellektuellen Köpfen meiner Generation fällt mir schwer, weil ich als Kind aus einer Arbeiterfamilie so viele Aversionen gegen eben jene – zumindest vermeintlich – besserwissenden „Schnösel/innen“ verabreicht bekommen, dass mir das Habit (und damit die habitude) nicht passt.

Aber was wäre ich dann? Wahrscheinlich schadet es nichts, nirgendwo dazu zu gehören. Allerdings kommen mir Zweifel. Weil Menschen vielleicht doch immer irgendwo dazugehören. Unabhängig bin ich natürlich auch nicht. Ich sehe die Welt aus einem Kreuzberger Hinterhof, egal, ob ich gerade auf dem Kölner Dom stehe oder im kalten Wasser der Ostsee. Nicht wirklich gelehrt, in keiner Debatte zu Hause, dennoch weder desinteressiert noch unkommunikativ. Zudem scheint mir die intellektuelle Haut mehr als Anzug denn als Kleid konzipiert. Intellektuelles Denken, so wie ich es an der Universität kennengelernt habe, war zu 90% männlich. Nö. Das heißt natürlich nichts. Aber ich bin desorientiert. Gehöre ich dazu? Will ich dazu gehören? Gibt es eine andere, vielleicht auch eine zeitgemäßere Rolle für Menschen wie mich? Habt Ihr Euch darüber Gedanken gemacht? Das würde mich interessieren.

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Wer die Welt erkennen will, sollte genau hinsehen. Schon als Kind habe ich mir häufig die Augen gerieben und - wenn es sein musste - noch einmal hingeschaut. Mittlerweile arbeite ich als Journalistin und als Autorin. Auch hier ist das genaue Hinsehen, keineswegs das Schreiben, die, wenn man so will, Kerntätigkeit. Doch während ich meinen Blick bei der Arbeit fokussiere und das Gesehene zu allen möglichen Richtungen hin ausleuchte, möchte ich in meinem Blog kurze Blicke wagen. Wer zurückschaut, ist herzlich willkommen.

Comments 36

  1. Myriade 19. November 2016

    Tja, mein derzeitiger Partner würde deinen Text sofort 100% unterschreiben. Vor allem den Satz mit den „Schnösel/innen“ 🙂 Ich selbst gehöre wahrscheinlich zu besagten Schnöselinnen und unsere Beziehung spießt sich regelmäßig genau daran, an unseren unterschiedlichen Aversionen und Feindbildern in der Gesellschaft. Es sind alles großteils Vorurteile, aber es ist halt bequemer, wenn man dieselben Feindbilder hat 🙂

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    • Simmis Mama 20. November 2016

      Hm für mich heißt intellektuell nur eines : gerne Bücher lesen und zwar anspruchsvolle. Ich weiß auch nicht warum das Wort in meinem Kopf so definiert ist.
      Eine andere „Schublade“ weiß ich nicht für dich. Ich finde das Wort aufgrund deiner eleganten Schreibweise für dich sehr passend

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      • Stephanie Jaeckel 20. November 2016

        Anspruchsvolle Bücher – ja. Weißt Du was, die verstehe ich meist gar nicht. Da geht es nämlich schon los. Doch. Ich lese sie auch (nicht alle, aber wenn ich hartnäckig sein will), aber das hilft dann nix. Hier kommen mir zum Beispiel Zweifel. Und eben wegen des Einmischens in öffentliche Debatten, das mir immer drängender erscheint, und für das ich eine Position suche (erst mal nur für mich, um mir bei meinen Argumenten ungefähr vorstellen zu können, wo ich stehe). Ein dickes Danke für Dein Kompliment. Es ist selten, dass Leute von Eleganz sprechen. Meistens bekomme ich „nur“ Lob für Lesbarkeit und Einfachheit der Darstellung.

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        • Simmis Mama 20. November 2016

          Naja kommt drauf an welche anspruchsvollen Bücher du liest. Kant kann man wohl nicht flüssig lesen. Meine Vorstellung von anspruchsvollen Büchern ist eher, alles was nicht Krimi und billige Schnulze ist. Vor allem stell ich mir unter intellektuell eine Person vor die auf jeden Fall unter anderem Sachbücher liest. Vielleicht auch poetische Romane in Sinne von ausdrucksstarker, poetischer Sprachkonstruktionen. Von daher deckt intellektuell sehr verschiedene Nenschentypen ab und zwar sowohl typische feminin als auch maskuline.
          Gern geschehen fürs Kompliment. Ich kann deinen Blog halt nur lesen, wenn ich nicht zu müde bin, sonst verstehe ich nichts. Du formulierst niemals umgangssprachlich und drückst dich immer sehr gewählt aus. Außerdem ist das was du schreibst oft recht abstrakt und vielschichtig, d.h. nicht nur sprachlich sondern auch thematisch (das Wort passt nicht recht mir fehlt ein passendes) recht anspruchsvoll.

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          • Stephanie Jaeckel 20. November 2016

            So. Dank der Hilfestellung vom Web-Meister kann ich jetzt wieder direkt antworten. Was Du beschreibst, ist eine sehr weite Definition von einem und einer Intellektuellen. Also, sagen wir, es handelt sich um belesene Personen, die sich über ihre eigentliche Arbeit hinaus auskennen und artikulieren können. Da schon fühle ich mich auf den meisten Feldern geschlagen. Denn mehr als ein ungefähres Halbwissen kriege ich nirgendwo zustande, nicht mal in meinen Studienfächern. Ich will nicht jammern, aber es ist eben so. Ich kann also nicht als Expertin auftreten, sondern eher als „Betroffene“. Und an dieser Stelle würde ich gerne meine Stimme mit anderen verbinden. Weil es sein könnte, dass ich so besser gehört werde. Oder weil ich so – im Chor mit anderen – meine Vorstellungen klarer formulieren könnte. Dass Du Texte von mir nicht verstehst, wenn Du müde bist. Auweia! Da muss ich aber dran arbeiten. Mache ich. Und danke für die Rückmeldung!

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    • Stephanie Jaeckel 20. November 2016

      Was Du (hier geht es an Myriade, mir sind die Zeilen verrutscht) schreibst, finde ich wahnsinnig interessant. Weil es tatsächlich diese Spannungen gibt, gerade unter Freunden oder in der Partnerschaft, wo diese Zuweisung oder das Selbstverständnis zu Diskussionen (oder was auch immer) führt. Ich meine: Es ist nicht nur eine Entscheidung für den Lebenslauf (vielleicht), sondern eine gelebte Haltung. Und es ist wahr, es geht um nicht weniger als Feindbilder. Als erstes studiertes Familienmitglied durfte das jahrzehntelang an der eigenen Haut erfahren. Die Frage ist natürlich erstens: warum ist das so? zweitens: wenn eine/r sich über die Jahre eben doch nicht mit der Zuschreibung anfreunden kann: wo könnten Alternativen liegen?

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      • Myriade 20. November 2016

        Ich kann es eben aus der Position der „Schnöselin“ (das Wort finde ich großartig !) betrachten. Mein Partner, der F., der – wie du – der erste „Studierte“ in seiner Familie ist, ist nach allen Definitionen eindeutig ein Intellektueller, hat aber gewaltige Widerstände sich als solcher zu sehen, weil diese „Großkopferten“ das Lieblingsfeindbild seines Vaters, eines Fließbandhilfsarbeiters waren. Meine Feindbilder schauen ganz anders aus, das sind „die Proleten“.
        Viele, viele Stunden haben wir schon darüber geredet und beide viel geübt in Ich-Aussagen, respektvollem Zuhören und sonstigen vorsichtigen Gesprächsführungen. Und wir haben beide sehr viel dabei gelernt. Zum Beispiel, dass es „Proleten“ geben kann, die klare Gedanken fassen können und nicht unbedingt immer nur biertrinkend vor dem Fernsehen liegen …
        Was das Selbstverständnis, die eigene Zuordnung zu einer Gruppe wie „die Intellektuellen“ betrifft, so ist meine Lösung, dass jeder Mensch viele Facetten hat und dass man sich nicht unbedingt (ständig und in allen Bereichen) einer gesellschaftlichen oder sonstigen Gruppierung angehörig fühlen muss. Vielleicht muss man einfach die Schubladen und Etiketten ausmustern und Momente und Phasen des Lebens nehmen wie sie kommen. Ich sehe aber immer wieder an F. wie schwierig es ist, sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen, die vom Vater vehement abgelehnt wurde, die aber dennoch in vielen Aspekten als passend und irgendwie heimatgebend empfunden wird.

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        • Stephanie Jaeckel 20. November 2016

          Großkopferte gegen Proleten. Das ist ja ein hübsches Terrain, das ihr da bearbeitet. Und schön, dass es offensichtlich auch zu immer neuen Ergebnissen kommt. Ja, ich stehe quasi seit meinem ersten Lebensjahr immer daneben. Und es ist tatsächlich ein Wunsch, auch mal irgendwo dazuzugehören, um nicht immer nur aus einer Dissonanz heraus zu argumentieren. Aber vielleicht ist das bloß ein altersbedingter Wunsch nach Kuschelkurs. Mal sehen 😉

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  2. mannigfaltiges 20. November 2016

    Ich bin nicht intellektuell, weder per Definition noch vom Gefühl her. Eine gewisses Maß angelesener Bildung muss reichen. Ich habe eine Meinung, trage sie allerdings nicht zu Markte, vertrete sie aber, wenn es sein muss, mit Nachdruck. Aber meist lasse ich es bei einem Achselzucken und Augenbrauen-nach-oben-ziehen bewenden. Ich bin nicht Pippi, ich mach mir die Welt nicht schön, sondern versuche sie zu sehen wie sie ist.
    Wo bin ich zu Hause? Eigentlich gehöre ich nirgends dazu, will es auch gar nicht, weder bei den einen noch bei den anderen fühle ich mich wohl. So streife ich eher als „Steppenwolf“ (im Sinne von Harry Haller) durch die Kastenlandschaft.Und Rollen spielt man nur, bestenfalls für einen begrenzten Zeitraum.

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    • Stephanie Jaeckel 20. November 2016

      Vielleicht (aber das meine ich weder abwertend noch weiß ich es wirklich) ist es etwas leichter, nicht an der Uni gewesen zu sein, und sich trotzdem seinen Kopf zu machen. Wenn man dort durch ist, hat man den Stempel der oder des Intellektuellen drauf, gerade, wenn eine/r wie ich Geisteswissenschaften studiert hat. Und dann wirkt diese Zuschreibung, ob Du willst oder nicht. – Der Steppenwolf taugt nicht für mich: auch so ein männliches „Kleid“, das mir nicht passt. Auch hätte ich bis – sagen wir vor zwei Jahren – das Nirgendsdazugehören für mich in Anspruch genommen. Ich bin mir unsicher geworden. Erstens, weil es durch diese Zuschreibungen von außen oft in falsche Richtungen gelenkt wird, zweitens, weil ich zunehmend die Verantwortung spüre, mich zu artikulieren. Rollen, würde ich sagen, spielt man immer. Und es wäre mir in dem Fall lieber, sie selbst zu wählen, als sie von außen aufgedrückt zu bekommen. So ungefähr ist der augenblickliche Stand der Dinge – ?

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      • mannigfaltiges 20. November 2016

        Um die Notwendigkeit der Artikulation werden wir wohl nicht herumkommen, da muss ich Dir recht geben. Es wird notwendig einen Standpunkt zu haben und ihn auch zu zeigen und zu vertreten. Sonst überläßt man „den anderen“ das Feld. Das wäre gar nicht gut.

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  3. Stephanie Jaeckel 20. November 2016

    Und die Frage ist eben: wo könnte dieser Standpunkt liegen? Die intellektuelle Überheblichkeit (oder die ihr auch von anderen angedichtete Überheblichkeit) hat viel Schaden angerichtet. Das Denken zu entschärfen, nur um es massentauglich zu machen, oder sich selbst zu klein zu machen, geht auch nicht. Also: Wohin?

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    • Stephanie Jaeckel 20. November 2016

      Ja und noch mal ja. Was gerade in Europa und auch in den USA geschieht, zeigt, wie gefährlich es ist, sich selbst zu privatisieren und aus Zusammenhängen heraus zu nehmen. Nicht von ungefähr heißt mein Blog „Klunker des Alltags“, denn auch ich hatte vor zwei Jahren noch gedacht, ich könne mich weitgehend raushalten. Aber seitdem ich hier schreibe, merke ich, dass es (für mich) nicht geht. Den richtigen Ton suche ich noch, doch scheint mir, ich sollte den Radius erweitern. Vielleicht immer noch aus einer alltäglichen Perspektive, doch über den eigenen Tellerrand hinaus.

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      • Myriade 20. November 2016

        Hmm, jetzt sehe ich nicht ganz wer genau die eine und die andere Seite ist. Denker gibt es auf allen politischen und weltanschaulichen Seiten. Obwohl ich natürlich der Meinung bin, dass die Denker auf der von mir bevorzugten Seite viel klüger sind 🙂 Eine Meinung, die übrigens so ungefähr die einzige Gemeinsamkeit aller weltanschaulichen Richtungen ist 🙂

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    • Stephanie Jaeckel 20. November 2016

      Wie ich schon Erich geantwortet habe: Ja, weil die „Stimme aus dem Off“ (wie ich sie mal etwas flapsig nennen will) immer Gefahr läuft, in falsche Kartons gepackt zu werden. Eine Meinung, eine Idee, ein Vorschlag fußt stets auf Prämissen. Auch hier ist es nötig, eine Richtung, einen Zusammenhang anzubieten, um besser verständlich zu sein. Insofern halte ich Zusammenhänge (mittlerweile) für wichtig. Aber vielleicht ist das ja auch nur eine Phase…

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  4. Stephanie Jaeckel 20. November 2016

    An Myriade: Intellektuelle so wie ich sie verstehe, sind diejenigen, die sich öffentlich artikulieren, sich einmischen, und ihren Standpunkt zur Diskussion stellen. Insofern gibt es sie auf allen Seiten, in allen Parteien, etc. – Ich selbst stehe sicher wie die „klassischen“ Intellektuellen eher im linken Spektrum, habe mich aber bisher kaum (ach was! gar nicht) geäussert. Meine Frage, mein Unbehagen liegt nun da, dass ich mich gar nicht als „klassische“ Intellektuelle verstehe (als Menschen mit einem politischen Überblick und, sagen wir mal, Sendungsbewußtsein). Aber ich spüre die Notwendigkeit, mich verstärkt zu gesellschaftlichen, kulturellen und eben auch politischen Fragen zu äußern. Dafür suche ich eine Position. Die vielleicht nicht intellektuell-von-oben-herab (wie diese Haltung mittlerweile von vielen verstanden wird) daherkommt, sondern aus einer weniger kopflastigen, aber nun bitte auch keineswegs gefühligen oder privaten Ecke. So?

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  5. Stephanie Jaeckel 20. November 2016

    Hilfe! WordPress verweigert nach dem zweiten Kommentar die Antwort-Funktion. Deshalb hier an die gartenpolitische Sprecherin Karo-Tina: Das empfinde ich eben gerade als Dilemma. Von Leuten wie mir, studiert, kreativ, frei, was noch alles, wird eine Äußerung als die einer Intellektuellen wahrgenommen. Wie ich schon schrieb, passt mir dieses „Kleid“ aus verschiedenen Gründen nicht. Ich möchte aber auch ausdrücklich nicht privat sprechen, auch mein Blog, so persönlich die Einträge sind, verstehe ich nicht als privates Medium. Es geht mir schon um zeitgenössisches Erleben (pffff), um Fragen, die mich als Europäerin angehen und nicht zuletzt als Bewohnerin des Planeten Erde. Und ich frage mich, wie könnte ich (und andere) eine solche Position benennen, ohne in die alte Konkurrenz: Intellektuelle vs. Nicht-Intellektuelle zu gelangen. – ? alles klar?

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  6. mannigfaltiges 20. November 2016

    Tipp für die Antwortfunktion: Öffne „Meine Websites“ -> „Einstellungen“ -> Reiter oben „Diskussion“, Gehe runter auf „Weitere Kommentareinstellungen“ . Bearbeite „Verschachtelte Kommentare“ – Häckchen setzen und wenn dort eine 2 steht erhöhe die Zahl. Dann noch die Einstellungen speichern und es müßte klappen.

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  7. Thomas Bächli (@tomasbaechli) 21. November 2016

    Gibt es dann irgendeine Person auf der Welt, die Du vorbehaltlos und ohne Ironie als Intellektuellen bezeichnen würdest? Ich kenne niemanden. Ganz altmodisch bin ich der Meinung, dass der Intellekt, also das ungebundene Denken, sich in widersprüchlichen Situationrn am besten entfaltet, auch in einem kreuzberger Hinterhof. Dieser intellektuelle Anspruch ist immer gefährdet, wenn er sich mit professionellen Ambitionen, vermischt, wie z. B. an einer Uni. Also seien wir doch getrost Teilzeitintellektuelle und gestehen den übrigen 7 Milliarden Menschen auf diesem Planeten dasselbe Recht zu.

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    • Stephanie Jaeckel 21. November 2016

      Lieber Tomas, jajajaja. Ich hoffe, es hat nicht so geklungen, als würde ich den übrigen Menschen das Recht nicht zubilligen? – Ansonsten, so wie Du den Intellektuellen beschreibst, sind wir – wenn ich das richtig verstehe – wieder bei Levi-Strauss, dem „wilden Denken“ und der „bricolage“. Und auch da ein vorbehaltloses Ja. Wo die „Professionalität“, die „Ausbildung“ zum und zur Intellektuellen zur Diskussion steht: das wäre ja letztlich meine Frage. Doch, ich würde einige Leute, die ich kenne, als Intellektuelle bezeichnen, ganz ohne Augenzwinkern oder sonstigen Zuckungen. Könnte aber sein, dass es eine Art „Auslaufmodell“ ist.

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  8. Klausbernd 26. September 2021

    Tja, liebe Stephanie, ich bin im Grunde Stolz darauf, intellektuell zu sein. Das ist meine Identität. Ich sehe keinen Grund, damit zu hadern. Naja, man könnte sagen, ich vergaß, mich zu emanzipieren, da meine Mutter als Physikerin und Mathematikerin so intellektuell war wie auch mein Großvater, der ein großer Nietzsche und Kant-Kenner war. Aber was solls, ich lebte nur kurze Zeit in Deutschland und in all den Ländern, in die ich kam, hatte man eine unterschiedliche Einstellung zur Intellektualität. In Quebec, wo ich lange lebte, sah man Intellektualität eher positiv, in England, wo ich nun seit einiger Zeit lebe, sieht man sie eher negativ und in Skandinavien, wo ich aufwuchs, sah man sie eher neutral. Ich würde es so sehen, die Welt benötigt die Intellektuellen genauso wie den Busfahrer und den Bäcker. Mich lässt immer schmunzeln, dass die Deutschen – soweit solche Verallgemeinerungen erlaubt sind – alles, was auch nur den Hauch des Exklusiven besitzt, rigide ablehnen. Eine deutsche Krankheit eben.
    Well, Levi-Strauss‘ wildes Denken hier anzuführen, besitzt ja eine gewisse Ironie. Immerhin bedurfte es des intellektuellen Strukturalisten, um das wilde Denken als solches zu erkennen.
    Ich glaube übrigens nicht, dass die Ausbildung einen zum Intellektuellen macht. Ein Intellektueller zu sein, ist eine Lebensart, ein Lebensstil.
    Alles Gute vom sonnigen Meer
    Klausbernd 🙂

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    • Stephanie Jaeckel 26. September 2021

      Auf Exklusivität stolz sein – ja, damit hätte ich schon Schwierigkeiten. Denn die „Lebensart“ Intellektualität braucht ja auch einen bestimmten Background, der meistens mit Geld oder mit anderweitigen Horizonten (der Eltern, nicht der eigenen) zu tun hat. Doch ansonsten, ja, denkend durchs Leben gehen, da bin ich dabei. Spaß an Ideen haben, an Gedankenspielen, an Utopien, Fakten, an allem, was durch den Kopf geht, dazu belesen sein, sich Dinge sogar merken zu können… Aber ich habe tatsächlich nach wie vor den Eindruck, das Intellektuelle ist ein Anzug und kein Kleid. Und jetzt keineswegs, weil ich Frauen weniger Kopf zutraue, sondern weil ich vermute, dass ich zumindest nach etwas anderem suche: nach mehr Verbindung von Geist und Herz und meinetwegen auch Bauch, als mich auf einen Schwerpunkt zu kaprizieren.

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