Die unsichtbare Grenze

Nichts neues unter der Sonne, aber es erschreckt mich immer wieder: Männer und Frauen atmen dieselbe Luft, bewegen sich in denselben Zimmern und leben doch in verschiedenen Welten. Ich habe gerade Jessie Gender bei YouTube gesehen. Sie erklärt dort die neue Star-Trek-Picard-Serie. Sie ist, wie man bei dem Namen vermuten kann, eine Trans-Frau und erzählt in einem anderen Video über ihre Geschlechtsumwandlung. Auf die Frage, ob sie diese Wandlung bereue, sagt sie unmissverständlich Nein, allerdings sei sie überrascht gewesen, wieviel weniger Respekt sie als Frau in der Öffentlichkeit bekomme. Das ist mir sofort eingeleuchtet, dass es für sie wahrscheinlich ein Schock war, wo ich möglicherweise schon Verbesserungen sehe, weil ich als Mädchen in eine Zeit geboren wurde, die für Frauen noch härter war. Und sofort fallen mir mehrere Begegnungen aus der letzten Woche ein, wo eindeutig Frauenfeindlichkeit oder zumindest Respektlosigkeit gegenüber Frauen im Spiel war. Ich staune, wie sehr ich es gewohnt bin, und dass ich solche Situationen schon gar nicht mehr richtig zur Kenntnis nehme. Nein. Das geht nicht nur an die Männer. Das geht an uns alle. Und vielleicht so: Respekt ist nicht das, was ich für mich erwarte, sondern das, was ich anderen erweise. Soviel Worte zum Sonntag…

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Wer die Welt erkennen will, sollte genau hinsehen. Schon als Kind habe ich mir häufig die Augen gerieben und - wenn es sein musste - noch einmal hingeschaut. Mittlerweile arbeite ich als Journalistin und als Autorin. Auch hier ist das genaue Hinsehen, keineswegs das Schreiben, die, wenn man so will, Kerntätigkeit. Doch während ich meinen Blick bei der Arbeit fokussiere und das Gesehene zu allen möglichen Richtungen hin ausleuchte, möchte ich in meinem Blog kurze Blicke wagen. Wer zurückschaut, ist herzlich willkommen.

Comments 10

  1. stresemann 2. Februar 2020

    Liebe Brit, ich denke da eher, es ist eine gesellschaftliche Veränderung. Menschen – ob nun Frau, Mann oder Gender – werden nicht mehr nach ihren Meinungen, Taten oder Veränderungen gemessen. Mehr und mehr Zeitgenossen verurteilen Menschen, weil sie nicht mehr in ihre „Schublade“ passen. Sie können damit nicht umgehen, geschweige denn sich damit auseinandersetzen. Ein schönes Beispiel ist für mich Greta. Sie legt den Finger in die Wunde Umwelt. Darüber wird aber nicht gesprochen, sondern nur über Greta selbst. Jessie Gender geht es ähnlich, es gibt für sie noch keine Schublade in der Gesellschaft. Ich zolle ihr Respekt, sie hat Mut, den haben die, die Frauenfeindlichkeit oder Respektlosigkeit zeigen leider nicht.

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  2. Pingback: 02022020 – und auch wieder Sonntag | wupperpostille

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