Direkte Demokratie

Der Befund ist eindeutig: Das Interesse an Politik schwindet seit Jahren. Gründe gibt es wahrscheinlich viele, der grundsätzliche Tenor ist: Die Politiker/innen machen ihren eigenen Kram. Was wir (die Wähler/innen) wünschen, ist egal, nachdem wir unser Kreuz auf dem Wahlzettel gemacht haben. Soweit, so vereinfacht.

Das ist Weinen auf hohem Niveau, wenn auch nicht ohne Grund. Die politischen Strukturen in unserer Demokratie haben sich über die Jahrzehnte eingeschliffen, die Termine sind enger geworden, es gibt mittlerweile endlos viele Schritte in sämtlichen Entscheidungen, die für Laien kaum nachzuvollziehen sind. Die Politik hat sich derart professionalisiert, dass kaum noch ein rein- oder rauskommen möglich ist. Um es klar zu sagen: Das ist ein grober Fehler. Das Auseinanderdriften von Politiker/innen und Wähler/innen hat zu dem aktuellen Verdruss beigetragen.

Seit dem Erstarken der AfD sind auch die letzten (wie ich zum Beispiel) aufgewacht. Überall wird diskutiert, wie Menschen wieder zu politisch denkenden, aber auch handelnden Menschen gemacht werden können. Ein Anreiz ist die Direkte Demokratie, die Möglichkeit, jenseits von Parteiinteressen zu bestimmen Fragen, Problemen in einer Wahl Stellung zu nehmen, bzw. per Eingabe ein solches Problem oder Thema überhaupt erst auf den Tisch zum Beispiel des Parlaments zu bringen.

Die Idee ist einleuchtend. Es geht darum, Menschen bei ihren konkreten Wünschen zu packen. Sie zu ermutigen, dafür ihre Stimme zu geben. Bislang sind es meist Petitionen, d.h. der Versuch, Entscheidungen zu stoppen. In Berlin waren es vor allem die Abstimmungen über das Tempelhofer Feld und den Flughafen Tegel, die Aufsehen erregt haben. Aber es müsste auch positiv formulierte Anträge geben, so der Wunsch vieler, die sich mittlerweile Gedanken machen, eben nicht nur die Möglichkeit, etwas zu verhindern.

Die Befürchtungen sind allerdings auch groß neben allen Hoffnungen. Populismus heißt das Gespenst. Ich selbst bin gerade an dem Punkt auch skeptisch. Wie soll ich politisch, und damit auch verantwortlich denken lernen, wenn ich mich nur hier und da engagiere. Ohne weiteren – sagen wir ganz altmodisch – Werte-Kanon. Kann das funktionieren?  Was meint Ihr? Habt Ihr Euch schon Gedanken gemacht? Engagiert Ihr Euch? Habt Ihr Euch schon mal beteiligt?

 

 

 

 

 

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Wer die Welt erkennen will, sollte genau hinsehen. Schon als Kind habe ich mir häufig die Augen gerieben und - wenn es sein musste - noch einmal hingeschaut. Mittlerweile arbeite ich als Journalistin und als Autorin. Auch hier ist das genaue Hinsehen, keineswegs das Schreiben, die, wenn man so will, Kerntätigkeit. Doch während ich meinen Blick bei der Arbeit fokussiere und das Gesehene zu allen möglichen Richtungen hin ausleuchte, möchte ich in meinem Blog kurze Blicke wagen. Wer zurückschaut, ist herzlich willkommen.

Comments 14

  1. wattundmeer 28. November 2019

    Ehrlich gesagt habe ich auch eher Befürchtungen, dass bei direkten Entscheidungen eher populistisch entschieden wird. Haben wir nicht gewählt, um genau solches zu verhindern? Um die Abgeordneten in einem politischen Prozess alle Für und Wider abzuwägen zu lassen und evt. sogar mit Kompromissen Dinge zu regeln. Vieles kann man auch nicht einfach mit Ja oder Nein entscheiden, und die Neinsager sind oft diejenigen, die dann zur Abstimmung gehen. Wie z.B. beim Brexit.

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    • Stephanie Jaeckel 29. November 2019

      Letzteres ist vor allem bei Quorum-Abstimmungen ein Problem. Es gehen dann nur die zur Abstimmung, die für oder eben gegen etwas sind. Und schon ist die Sache durch. – Das andere Manko besteht darin, dass viele den Glauben an die Arbeit der Politiker/innen verloren haben. Da hilft aber ungemütlicherweise nur eigenes Engagement. Zum Beispiel zu öffentlichen Beratungen gehen. Die eigenen Politiker/innen besuchen – und wenn nur auf der Webseite. Kurz: Gucken, was die eigentlich machen. Da wird vor allem die Kunst der Kompromisse sicher mancher oder manchem erst klar werden.

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  2. Roald Ristvedt 3. Dezember 2019

    „Engagiert Ihr Euch? Habt Ihr Euch schon mal beteiligt?“

    Ja, das tue ich. Mittlerweile sogar mit Mandat. Und es macht mir immer noch Freude, weil ich aktiv etwas gestalten kann. Allerdings ist die Anzahl der Kritiker stets größer als die derjenigen, die sich selbst engagieren wollen. Es gibt wohl keine Ausrede, die ich diesbezüglich in den letzten Jahren nicht gehört hätte. Aber wie es so schön heißt: „Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe.“ That’s it.

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      • Roald Ristvedt 6. Dezember 2019

        Ich denke, dass es für jedes Budget an Interessen, Wissen, Fähigkeiten und verfügbarer Zeit eine Nische zur Betätigung gibt. Gestern war der internationale Tag des Ehrenamts. An solchen Tagen werden gern wertschätzende Reden gehalten oder mehr privates Engagement gefordert. Alles schön und gut. Aber den ersten – und eigentlich schon entscheidenden – Schritt muss von uns selbst gegangen werden. Einfach anfangen. Ich persönlich habe mich damals für den Schritt in eine Partei entschieden. Das ist aus verschiedenen Gründen nicht jedermanns Sache und ich kann auch gut verstehen, dass sich gerade Frauen von den dort gelegentlich vorherrschenden Gepflogenheiten abschrecken lassen. Ich bin aber dennoch davon überzeugt, dass „erst ändern wir alle Rahmenbedingungen und dann kommen neue weibliche Mitglieder schon von allein“ nicht funktioniert. Nach meiner Überzeugung müssen an Veränderung interessierte Männer gemeinsam mit den Frauen von innen heraus wirken, damit sich etwas tut.

        Aber das ist jetzt nur die Parteienebene. Es gibt so viel mehr Möglichkeiten. Bürgerinitiativen, Stadtteilvereine, öffentliche Diskussionsformate…also nur Mut!

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