Den eigenen Gefühlshaushalt strukturieren

Wer schon seit der Kindheit aus eher konventionellen Beziehungsmodellen ausbrechen wollte, hat mit regelmäßigen Restrukturierungmassnahmen (haha) zu tun. Denn ein Verlassen des Üblichen verlangt unendlich viel Flexibilität: Wo nichts festgelegt ist, muss immer wieder nachjustiert werden. Für jede Gefühlslage braucht es einen neuen Ausdruck, für jeden Freund, jede Freundin eine eigene Balance.

Wobei. Das ist natürlich immer so: Auch in einer Ehe braucht es individuelle Maßstäbe oder Formen des Ausdrucks. Nur ist es natürlich so, dass offenere Modelle immer wieder die Frage erlauben müssen, ob Erotik eine Rolle spielt – oder spielen darf. Oder in welcher Form. Oder mit welcher Intensität.

Ich habe keineswegs ein größere Herz als – sagen wir, Freundinnen, die verheiratet sind. Im Grunde habe ich einen Herzensmenschen. Und im Grunde reicht der mir auch. Aber eben. Ich spüre sehr viel mehr Begehren, Liebe oder Zuneigung zu sehr viel mehr Personen als dieser einen. Es geht dabei gar nicht darum, alles auszuleben. Bei vielen Freunden bin ich extrem vorsichtig mit dem Zeigen meiner Zuneigung. Einfach weil ich denen nicht so ins Leben platzen will. Vor allem diejenigen, die in einer festen Beziehung leben, müssen gar nicht unbedingt von meiner Begeisterung wissen. Das finde ich auch gar nicht schlimm. Umgekehrt bleibt es immer wieder eine Gratwanderung, mit Gesten der Zuneigung oder sogar Zärtlichkeit angemessen umzugehen. Ich will nicht zündeln. Aber ich möchte großzügig sein. Gar nicht so einfach. Dafür aber enorm spannend.

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Wer die Welt erkennen will, sollte genau hinsehen. Schon als Kind habe ich mir häufig die Augen gerieben und - wenn es sein musste - noch einmal hingeschaut. Mittlerweile arbeite ich als Journalistin und als Autorin. Auch hier ist das genaue Hinsehen, keineswegs das Schreiben, die, wenn man so will, Kerntätigkeit. Doch während ich meinen Blick bei der Arbeit fokussiere und das Gesehene zu allen möglichen Richtungen hin ausleuchte, möchte ich in meinem Blog kurze Blicke wagen. Wer zurückschaut, ist herzlich willkommen.

Comments 11

  1. wechselweib 24. August 2019

    Hohe Flexibilität, mehr „Arbeit“, aber auch mehr Spannung – das ist genau das, was ich meinen Abiturienten in Gemeinschaftskunde über die Auswirkungen des Wertewandels in der Gesellschaft beibringen. Mehr Freiheit, weniger Sicherheit.

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