Ich galt schon als Kind als unordentlich. Nicht, dass mein Zimmer unter einem Berg von Habseligkeiten verschwand. Auch der Schreibtisch blieb meist überschaubar. Aber da war keine Akkuratesse drin. Kein Wille zur Ordnung. Blätter waren abgeknickt, Stoffhunden standen die Haare zu Berge, Filzstifte lagen zwischen den Buntstiften und die Matchboxautos im Körbchen für Gummi-Tiere.
Das hat sich nicht grundsätzlich geändert. Ich lege zwar mittlerweile Aufräumtage ein, damit Dinge wieder zueinander finden. Vor allem Rechnungen müssen auf ein Häufchen oder Bibliotheksbücher aus den Stapeln eigener Bestände heraus gezogen werden, Notizen zu „ihren“ Projekten verteilt, Schmierzettel in den Müll, und was nicht alles.
Gleichzeitig beobachte ich bei mir ein großes Vergnügen, Dinge anzuordnen. Nicht unbedingt, um aufzuräumen. Sondern weil mich ein Gefühl von Stimmigkeit befällt. „Noten und damit Töne zu verteilen“, so hat jemand (und ich könnte mir einen Finger abbeißen, weil mir nicht einfällt, wer) das Komponieren von Musik einmal bezeichnet.
„Kreativität“, dieser Begriff, der mir enorm suspekt ist, könnte vielleicht auch mit einer Art Lust zur An-Ordnung beschrieben werden. Womit längst noch kein Kunstwerk erklärt werden kann – oder auch nur entsteht. Was in den so lustigen Bändchen „Kunst aufräumen“ passiert, ist in dieser Hinsicht natürlich genau das Gegenteil, die Ordnung wird so richtig zerstört, nichts ist mehr an seinem Platz. Vielleicht aber wäre damit ein Aspekt von Kunst – oder auch vom Betrachten von Kunst – klarer zu sehen: dass wir uns nicht nur an Geschmack, sondern an einer Art Stimmigkeit orientieren, nach der wir selbst Welt sehen oder ordnen.
frauhemingistunterwegs 28. April 2019
Alle Achtung, der Schreibtisch ist bei mir immer als erstes unter einem Schutthaufen von Zeug verschwunden, so dass ich zum Arbeiten in die Küche oder ins Wohnzimmer umziehen muss 😉
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Stephanie Jaeckel 28. April 2019
Ach, das Zaubermittel heißt in dieser Hinsicht schlicht Reduktion: Mein Schreibtisch ist eben auch Küchen- und Wohnzimmertisch… so einfach ist das…
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frauhemingistunterwegs 28. April 2019
Verstehe. Die Verfügbarkeit vieler Räume ist in dieser Hinsicht für jemanden wie mich natürlich nicht förderlich…Wenigstens ist mein Mann ordentlich!
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wechselweib 28. April 2019
Sehr schöne Gedanken.
Habe gerade meine Teeschublade thematisch „angeordnet“…
Bin auch nicht so ordentlich, aber dekoriere gern und habe zum Beispiel Lieblingsgedichte von mir angeschrieben und aufgehängt. 🌈
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Xeniana 28. April 2019
Eine Freundin von mir hatte mal einen alten, recht vernachlässigten Schrebergarten übernommen. Sie sammelte alle gefundenen Dinge und ordnete sie. Heraus kam ein wunderbares Kunstprojekt.
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Myriade 28. April 2019
„Kunst aufräumen“ kenne ich auch, das ist wirklich lustig, welche Kunstwerke der Autor zerlegt hat
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nokbew 30. April 2019
Wer aufräumt ist nur zu faul zum suchen 😀
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Stephanie Jaeckel 30. April 2019
Sooooo schade, dass ich den Satz als Kind noch nicht kannte…
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nokbew 30. April 2019
Hehe…
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